Als Kind bin ich bei den Zeugen Jehovas aufgewachsen. Die Glaubenslehren setzen stark auf bildliche Vorstellungen: Ein Leben im Paradies, ein Gott, der im Himmel über uns wacht, und ein Teufel, der uns verführen will. Diese Bilder sind tief im Glaubenssystem verankert – und das, obwohl sie für viele Menschen unsichtbar bleiben. Für mich war das nicht nur unsichtbar, sondern auch unvorstellbar.
Mit Aphantasie kann ich mir weder das Paradies vorstellen, noch einen Gott, der auf seinem Thron sitzt. Auch der Teufel, der mir angeblich die ganze Zeit Fallen stellt, blieb für mich ein abstraktes Konzept, dem ich keinen Platz in meinem Kopf geben konnte. Als Kind hat mich das oft verwirrt, weil ich dachte, dass mir etwas fehlt. Die anderen schienen sich mühelos ein Bild davon machen zu können. Ich aber konnte all das einfach nicht "sehen".
Das hat sich auf mein Glaubensleben ausgewirkt. Wie sollte ich an etwas glauben, das ich nicht in meinem Kopf visualisieren konnte? Die Vorstellung von einem allmächtigen Gott wurde für mich zu einer Frage des Vertrauens und nicht des Glaubens im klassischen Sinn. Mir wurde gesagt, was ich glauben sollte, aber ich konnte es nicht spüren – zumindest nicht so, wie es andere beschrieben.
Im Nachhinein frage ich mich, ob Aphantasie das Glauben erschwert. Denn wenn Glauben bedeutet, sich bildlich etwas vorzustellen, bin ich klar im Nachteil. Doch vielleicht geht es nicht immer um Bilder im Kopf. Vielleicht geht es um Werte, Gemeinschaft oder das Gefühl, Teil von etwas Größerem zu sein. Aber wenn ich ehrlich bin, blieb mir das oft verborgen.
Was bedeutet Glaube für jemanden mit Aphantasie? Muss man alles „sehen“ können, um es zu glauben? 🤔
Hallo Leute,
hier meine Gedanken zum Thema Glauben. Ich bin christlich aufgewachsen und regelmäßig zur Kirche und zum CV gegangen. Als Kind nimmt man das so hin. Später hinterfragt man das, zumindest war es so bei mir. Nach meiner Entdeckung meiner Aphantasie habe ich nun den Glauben quasi aufgegeben. Ich wünschte es gäbe eine höhere Macht, die mich von der Aphantasie befreien könnte. Gläubige sprechen oft von dem Empfinden von der Nähe Gottes. Allerdings habe ich nie etwas empfunden. Ich denke diese Empfindungen resultieren aus der Vorstellungskraft aller Sinne, die mir allerdings gänzlich fehlt. Manchen Menschen sagen zum Beispiel, dass Sie Gottes Stimme gehört haben. Früher dachte ich, sie meinen das so, als ob Gott im Raum wäre, also dass andere dies auch hören könnten. Allerdings denke ich, dass es auch hier eine Art auditive Halluzinazion wäre.
Meine Theorie wäre, je besser die Vorstellungskraft, desto fester der Glaube.