Fragen & Antworten
Hallo,
ich bin neu hier und bin erst vor kurzem auf den Begriff Aphantasie gestoßen. Ich habe Schwierigkeiten, Menschen wiederzuerkennen – wenn ich jemanden nur ein- oder zweimal gesehen habe, merke ich oft nicht, dass ich ihn schon kenne, wenn ich ihm wieder begegne.
Mit ist in einem Gespräch aufgefallen, dass ich mir keine Gesichter vorstellen kann. Aber mein Mann kann das. Ich kann mir nichtmal das Gesicht meiner Tochter vorstellen. Ich kenne die Details – ich kann die Form ihrer Lippen beschreiben.
Ich kann die Konturen im Kopf nachfahren und mir so Bilder erarbeiten. Ein bisschen, als wäre das Bild geprägt und ich könnte es blind mit meinen Fingern nachfahren. Aber dadurch kann ich immer nur Details begreifen und nie das ganze Bild. Und sehen tue ich auch dieses Details nicht.
Ich weiß aber wie Dinge angeordnet sind, welche Form und Farbe sie haben.
Mit Geräuschen ist s es ähnlich. Wenn ich versuche, mir vorzustellen, wie eine Feuerwehrsirene klingt, wie mein Mann spricht oder wie ein Hahn kräht, kann ich es gedanklich rekonstruieren. Meine innere Stimme kann versuchen, die Sirene oder das Krähen nachzuahmen, und ich kenne das Muster der Geräusche. Aber ich „höre“ es nicht in meinem Kopf. Ich weiß nicht, wie die Stimme meines Mannes in meinem Kopf klingt – die kann ich auch nicht versuchen, sie nachzuahmen. Eine Sirene oder ein Hahnenschrei ist einfacher, weil ich eine Art Version davon reproduzieren kann, aber ich höre den echten Klang nicht im Kopf.
Bei Gerüchen und Geschmäckern ist es dasselbe. Ich weiß nicht, wie Zimt oder eine Rose riecht, wenn ich es mich vor mir habe. Ich kann mich auch nicht erinnern, wie Dinge schmecken – außer Säure. Die kann ich mir vorstellen, weil ich weiß, wie mein Mund darauf reagiert, wie sich alles zusammenzieht.
Wie erlebt ihr das? Wie würdet ihr eure Fähigkeit – oder Unfähigkeit – beschreiben, Dinge im Kopf zu sehen?
Und ich kann mir auch nicht vorstellen, jemanden zu vermissen, der mir nahesteht, wenn er sterben oder gehen würde. Ich vermisse Menschen nicht, wenn sie nicht da sind – was mir immer seltsam vorkam. Vielleicht hängt das damit zusammen, dass ich sie einfach nicht vor meinem inneren Auge sehen kann.
Ich habe noch ein anderes Problem, bin mir aber nicht sicher, ob es damit zusammenhängt – ich kann mir nicht vorstellen, hungrig zu sein, wenn ich satt bin. Wenn ich gerade gegessen habe, kann ich mir nicht ausmalen, wie es sich anfühlen würde, in ein oder zwei Stunden Hunger zu haben. Mein Mann macht sich darüber lustig, weil er schon vorausdenkt, wann wir wieder essen müssen, aber für mich fühlt sich das einfach so weit entfernt an. Ich kann es mir überhaupt nicht vorstellen. Ich weiß nicht, ob das zusammenhängt oder einfach meine eigene Unfähigkeit ist.