Ich habe an sich bei allen Tests einen Aphantasiewert von 16 - weder Bilder, noch Gerüche oder sonstige sensitive Eindrücke. Vor kurzem passierte etwas Ungewöhnliches: ich bekam ein Foto von einem Meerschweinchen zugeschickt und auf einmal war da ganz kurz der Geruch des Käfigs, des Heus und irgendwie des Tieres. Das war senstaionell, aber mit dem Nachdenken darüber auch schon wieder weg. Der Geruch kam auch weder bei dem Foto noch bei "darüber Nachdenken" wieder zurück, aber davor war er kurz überwältigend. So etwas hatte ich nie zuvor erlebt. Interessant ist für mich, dass ich als Kleinkind ein Meerschweinchen bekam und meine ganze Kindheit welche hatte und sie bei mir emotional total positiv besetzt sind. Dieses Geruchserlebnis verstärkt meinen Veracht, dass meine Aphantasie vielleicht auf ein bestimmtes traumatisches Erlebnis meiner Kindheit zurückzuführen ist, zumal ich an sich körperlich stark auf psychische Belastung reagiere.
Dazu häufen sich jetzt bei mir Fragen, die ich mal auf euch loslasse:
Gibt es Beispiele oder wissenschaftliche Beiträge / Untersuchungen zu Aphantasie nach Traumata?
Gibt es Fälle, wo die Aphantasie nach einer längeren Phase wieder vorbei war und falls ja, weiß man, was dazu geführt hat?
Gibt es Erfahrungen über einmalige, spontane und nicht wiederholbare Eindrücke, wie von mir oben beschrieben?
In Bildern zu träumen ist unfreiwilliges, unbewusste visualisieren.
Visuelle Aphantasie bezieht sich immer auf freiwilliges, bewusstes Visualisieren
Der Bewusstseinszustand zwischen Wachzustand & Schlafzustand ist so eklatant anders, dass man das trennen sollte.
Ich träume, nebenbei, u.a. auch in Bildern.
Folgendes bezieht sich dagegen auf meine Wachzustände:
Obwohl ich mehrere hunderte Male LSD und Psylocibin & auch Peyote genommen habe, habe ich, im Gegensatz zu anderen unter den gleichen oder geringeren Dosen, nie Halluzinationen in irgendeinem Sinn (visuell, audial, taktil, usw.) erfahren.
Als "leicht veränderten" Bewusstseinszustand wurde ich solche Trips nicht bezeichnen.
Das Bewusstsein ist erheblich verändert, viele der normalen sensorischen Filter sind z. B. nicht mehr wirksam.
Kann alles leicht überwältigend wirken. Diese Bewusstseinsänderungen bewirken Halluzininogene bei mir als multisensorischen Aphantast auch, jedoch, wie gesagt, keinerlei Halluzinationen.
Ich kann unter keinen Umständen im Wachzustand in irgend einem Sinn imaginieren.
Auf mein SDAM (die sensorischen Halluzinationen also nicht erinnert, so wie im Traum) kann ich es nicht schieben, da meine semantischen Erinnerungen an Trips vorhanden sind, welche besagen: keinerlei Halluzinationen.
Ich bin zwar nur ein Einzelfall, aber soweit ich bislang weltweit in Erfahrung bringen konnte, ist die Sache bei "klassischen" Halluzininogenen und Aphantasten regelmäßig so wie bei mir.
Ausnahmen bestätigen die Regel. 😉
LG
Bei mir passiert es öfters, dass Geräusche/Gerüche/etc. mich an etwas bestimmtes erinnern und dann auch das damalige Gefühl (ohne Bild und ohne genauen Grund) wieder ereilt.
Gibt es denn Ansätze, warum die Aphantasie besteht - also gibt es verdächtige Faktoren?
Hallo Ide,
es gibt viele Theorien zu Aphantasie und Traumata. Eine Studie kommt beispielsweise zu dem Schluss, dass Aphantasisten nach einem "künstlichen Trauma" weniger intrusive Erinnerungen erleben [1]. Dies scheint auch für tatsächliche Traumata zu gelten, weswegen andere Autoren davon ausgehen, dass sich das Symptombild einer Posttraumatischen Belastungsstörung bei Aphantasisten und Nicht-Aphantasisten unterscheiden könnte, wodurch es zu Fehldiagnosen kommen kann [2]. Insgesamt scheint die Prävalenz von Posttraumatischen Belastungsstörungen aber gleich hoch zu sein [2,3].
Grundsätzlich kann man sagen, dass "Flashes", also spontane und nicht wiederholbare Eindrücke, bereits in der namensgebenden Studie von Aphantasie von vielen Aphantasisten berichtet wurden [4].
Es gibt auch Fälle, in denen nach einer überwundenen psychischen Erkrankung das Vorstellungsvermögen zurückgekehrt ist, da müsste ich jetzt aber noch mal nach konkreten Studien suchen.
Liebe Grüße Merlin
Quellen:
[1] Keogh, R., Wicken, M., & Pearson, J. (2023). Fewer intrusive memories in aphantasia: using the trauma film paradigm as a laboratory model of PTSD.
[2] Mawtus, B., Thomas, B. R., & Reeder, R. R. (2024, February 14). The impact of aphantasia on mental healthcare experiences: Quantitative results. https://doi.org/10.31234/osf.io/zkcr4
[3] Dawes, A.J., Keogh, R., Andrillon, T. et al. A cognitive profile of multi-sensory imagery, memory and dreaming in aphantasia. Sci Rep 10, 10022 (2020). https://doi.org/10.1038/s41598-020-65705-7
[4] Zeman, A., Dewar, M., & Della Sala, S. (2015). Lives without imagery–Congenital aphantasia. Cortex, 73, 378-380. https://doi.org/10.1016/j.cortex.2015.05.019
Das ist super interessant! Und verstärkt mein intensives Gefühl, dass die Bilder, Gerüche, Gefühle bei uns Aphantasten da sind im Gehirn wie bei allen anderen und dass sie nur gehindert werden, ins Bewusstsein zu gelangen, oder, anders gesagt: Dass sie den Weg nicht finden. In leicht veränderten Bewußtseinszuständen "funktioniert" es ja. Ich habe das einmal mit LSD erlebt und als sensationell empfunden. Und: Interessanterweise gibt es ja viele Aphantasten, die träumen. So viel gibt es da noch zu forschen!!! Und noch etwas: Viele Aphantasten denken, dass es in ihrer Kindheit vielleicht ein Trauma gab. Weil sie sich nicht gut an ihre Kindheit erinnern und es früher die These gab: Amnesierte Kindheit ist gleich Trauma. In Wirklichkeit ist es bei uns: Aphantasie gleich große Schwierigkeiten bei Erinnerungsprozessen.