Kann man feststellen, dass Menschen ohne bildliches Vorstellungsvermögen (= Gedächtnisnachteile?) beim Behalten von gesehenen und danach verdeckten Karten benachteiligt sind oder gleichen sie das mit abstrakten wörtlichen Begriffen aus? Und würde man diese Umwandlung in Worte ausschließen können, dann eine einfache Methode haben, zwischen den bildlichen Fähigkeiten zu unterscheiden?
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Kommentare (7)
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Hallo wvhoersten,
das ist eine sehr interessante Frage! Natürlich haben wir Aphantasisten im Labor noch kein Memory spielen lassen, ich denke aber trotzdem, dass ich sie anhand der bisherigen Studien beantworten kann. Dafür würde ich sie in zwei Teilfragen herunterbrechen:
Kann man feststellen, dass Menschen ohne bildliches Vorstellungsvermögen beim Behalten von gesehenen und danach verdeckten Karten benachteiligt sind oder gleichen sie das mit abstrakten wörtlichen Begriffen aus?
Bisherige Studien zeigen, dass Aphantasisten tatsächlich eher feature-basierte Merkstrategien nutzen, das heißt, sie merken sich nicht das gesamte Bild, sondern picken sich einzelne Merkmale heraus, die sie sich stattdessen merken [1, 2]. Diese Strategie nennt man auch "Labeling". Gerade bei Gesichtern ist diese Strategie sehr hilfreich, da so aus einem komplexen visuellen Reiz ein vereinfachtes "Der Mann mit den buschigen Augenbrauen" werden kann.
Und würde man diese Umwandlung in Worte ausschließen können, dann eine einfache Methode haben, zwischen den bildlichen Fähigkeiten zu unterscheiden?
In der Forschung ist es tatsächlich sehr wichtig, solche Alternativstrategien auszuschließen. Dafür gibt es verschiedene Vorgehensweisen. Eine Vorgehensweise ist es, die Alternativstrategie zu blockieren, indem man die Person zeitgleich eine andere Aufgabe machen lässt, für die diese Strategie benötigt wird, sodass diese Strategie schon belegt ist. Dieses Vorgehen nennt man Dual-Task-Paradigma. Dies wurde zum Beispiel bei Patient MX gemacht, an dem Adam Zeman Aphantasie "entdeckt" hat [3]. MX wurde gebeten, im Kopf Wörter zu wiederholen (= artikulatorische Suppression), um zu verhindern, dass er während einer Parallelaufgabe verbale Strategien nutzen kann.
Eine andere Möglichkeit ist, die Alternativstrategien so ineffizient zu machen, dass sie den Aphantasisten nichts mehr bringen. Dies kann man zum Beispiel machen, indem man die Aufgaben besonders schwer oder die visuellen Reize zu ähnlich macht [4]. Wenn zum Beispiel auf jeder Memory-Karte Männer mit buschigen Augenbrauen sind, müssten sich die Aphantasisten weitere differenzierende Merkmale merken, solange, bis es kaum noch für sie umsetzbar ist. In dem Fall versagt dann die Alternativstrategie und es kommt zu Unterschieden zwischen Personen mit und ohne Aphantasie [5]. In einem ausreichend schweren Memory (d.h. mit möglichst ähnlichen Bildern) hätten sie somit höchstwahrscheinlich Nachteile, auch wenn ein normales Memory dafür nicht ausreichen sollte.
Das sagt die Wissenschaft! Ich würde mich aber freuen, wenn die Community auch noch von ihren eigenen Erfahrungen mit Memory berichtet!
Liebe Grüße Merlin
Quellen:
[1] Monzel, M., Handlogten, J., & Reuter, M. (2024). No verbal overshadowing in aphantasia: The role of visual imagery for the verbal overshadowing effect. Cognition, 245, 105732.
[2] Bainbridge, W. A., Pounder, Z., Eardley, A. F., & Baker, C. I. (2021). Quantifying aphantasia through drawing: Those without visual imagery show deficits in object but not spatial memory. Cortex, 135, 159-172.
[3] Zeman, A. Z., Della Sala, S., Torrens, L. A., Gountouna, V. E., McGonigle, D. J., & Logie, R. H. (2010). Loss of imagery phenomenology with intact visuo-spatial task performance: A case of ‘blind imagination’. Neuropsychologia, 48(1), 145-155.
[4] Jacobs, C., Schwarzkopf, D. S., & Silvanto, J. (2018). Visual working memory performance in aphantasia. Cortex, 105, 61-73.
[5] Monzel, M., Vetterlein, A., Hogeterp, S. A., & Reuter, M. (2023). No increased prevalence of prosopagnosia in aphantasia: Visual recognition deficits are small and not restricted to faces. Perception, 52(9), 629-644.
Ich würde es genau so beschreiben wie Sedrik: Was auf der Karte ist, würde ich mir als Begriff merken ("so ein bunter Heißluftballon"), und wo die Karte ist, als groben Ort ("in der zweiten Reihe von rechts, die dritte oder vierte Karte von oben"). Ich habe dazu aber keinen inneren Monolog, also es ist nicht so, dass das quasi in meiner Stimme in mir so vorgeht ("Die Karte mit dem bunten Heißluftballon, wo war die nochmal, ach ja, da oben rechts") - nein, das ist alles ohne echte Worte. Schwer zu beschreiben ... Ich war als Kind weder besonders gut noch besonders schlecht bei Memory; gerne habe ich es nicht gespielt.
Ich merke mir den groben Ort (zb oben links oder unten Mitte) und dazu dann einen Begriff (zb Tiger unten Mitte). Dass man das ganze in seinem gestiegen Auge vor sich halten kann geht über meine Vorstellungskraft. 😜
Interessante Fragen! Memory hat mich nie begeistert. Vielleicht eine Erklärung 🤔
@Merlin Monzel Kannst Du dazu was sagen?