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Wie ich meine Aphantasie entdeckt habe.

Autorenbild: NadineNadine

In meinen Blog-Artikeln möchte ich offen und transparent über meine Erfahrungen sprechen. Authentizität ist mir dabei sehr wichtig, denn im Laufe meines Lebens habe ich viel gesehen und intensiv gelebt. Ein gesunder Geist war stets mein persönlicher Kompass, um zu entscheiden, ob etwas gut oder schlecht für mich ist. Dieser Blog ist für mich auch eine Möglichkeit, mein bisheriges Leben, meine Beziehungen und Glaubenssätze aus einer neuen Perspektive zu betrachten – Hallo, Aphantasie!


Als jüngstes Kind in einer Familie von Zeugen Jehovas aufgewachsen, entschied ich mich mit 16 Jahren, meinen eigenen Weg zu gehen. Ich verließ die Religion und zog aus, um meine persönliche Freiheit zu suchen und Willem zu folgen. Rückblickend hatte ich keine klare Vorstellung davon, was ich im Leben erreichen wollte, aber ich war bereit, neue Erfahrungen zu sammeln und meinen Horizont zu erweitern.


Bis zur Entdeckung meiner Aphantasie vergingen noch 24 Jahre. In dieser Zeit habe ich viel erlebt und auch vieles aufgearbeitet. Besonders bei dem Beschäftigen mit meiner Kindheit hatte ich keine Bilder oder sichtbaren Erinnerungen, es waren eher Gefühle, Sätze und Wörter, an die ich mich erinnern konnte. Heute weiß ich, dass es an meiner Aphantasie liegt.


Mit 29 Jahren wurde ich das erste Mal Mutter und das hat meinen bisher nicht gradlinigen Lebenslauf auf Spur gebracht. Diese neue Verantwortung leitete einen neuen Lebensabschnitt ein. Ich bin sehr dankbar, mich für Zoe entschieden zu haben. Meinen Mann lernte ich 2016 kennen und mittlerweile leben wir als Patchwork-Familie mit drei Kindern und Hund in Stuttgart.


Als Mutter fällt es mir oft schwer, mich gedanklich auf meine Kinder einzulassen bzw. Gesprächen zu folgen. Meine Tochter Zoe hat eine wundervolle Phantasie und eine beschreibende Sprache. Oft bemerke ich, wie ich abdrifte, ungeduldig werde und einfach nicht gut folgen kann. Ähnlich geht es mir bei meinem Mann (fun fact: wir wissen nun, dass er Hyperphantast ist) und auch in einigen Meetings.


Es war mir schon immer wichtig, mich selbst zu verstehen und zu reflektieren. Eine Frage, die immer wieder aufkam, war, warum ich in jungen Jahren diesen bedeutenden Schritt alleine gegangen bin. Heute denke ich, vielleicht lag es daran, dass ich mir ein Paradies nie vorstellen konnte und ein ewiges Leben für mich nicht denkbar war. Ohne bildliche Vorstellung war das schwer zu begreifen.


Nach meinem Ausschluss hatte ich das Glück, bei Dieter Rohmann, der sich mit Kulten beschäftigt, eine Therapie zu machen. Er hat mich über Bewusstseinskontrolle aufgeklärt und ich habe verstanden, dass nicht die Dinge das Problem sind, sondern die Sichtweise auf die Dinge. Aphantasie ist für mich eine weitere neue Sichtweise bzw. Wahrnehmung.


In all den Jahren habe ich mich bewusst von Glauben und Spiritualität distanziert. Es fühlte sich an, als ob ich mit meinem Austritt alles Spirituelle abgelegt hätte. Die Frage: „An was glaubst Du?“ habe ich stets mit „An mich selbst“ beantwortet. Ich habe mich immer auf meine Intuition verlassen und wusste, dass ich zur richtigen Zeit die notwendigen Entscheidungen treffen würde, auch ohne ein klares Ziel vor Augen zu haben. Während meiner Pubertät habe ich erstmals gekifft und THC hat mir oft geholfen, meine vielen Gedanken zu ordnen und Zusammenhänge zu erkennen und Muster aufzulösen.


Als Kind hatte ich eine überwältigende Angst vor Dämonen und allem Spirituellen. Diese lähmende Angst hat mich daran gehindert, Glauben überhaupt in Betracht zu ziehen oder mich damit auseinanderzusetzen. Auch heute würde ich mich nicht als religiös beschreiben, bin aber sehr daran interessiert, was Menschen zum Glauben bewegt und warum. Mir geht es nicht um die ultimative Wahrheit, sondern eher um den gemeinsamen Nenner.


Im Advent 2023, einer Zeit, die ich besonders liebe, habe ich erstmals zugelassen, über Spiritualität nachzudenken. Dabei erkannte ich, dass die alte Angst noch immer in mir schlummerte, und beschloss, daran etwas zu ändern. Es kann nicht sein, dass ich als 40-jährige erfolgreiche und unabhängige Frau, Ehefrau und Mutter in diesem Bereich nicht frei bin.


So fand ich mich dann ein paar Tage später in einer Buchhandlung in der Esoterik-Abteilung wieder – allerdings mit vielen Vorurteilen und vielleicht auch ein wenig Scham. Mitgenommen habe ich ein Set mit Affirmationskarten zur Stärkung der Intuition durch spirituelle Kraft. Jeden Morgen zog ich eine Karte als Impuls. Eine Karte enthielt eine Übung, um die Intuition zu stärken: Man sollte ein buntes Bild aufmerksam anschauen und sich einprägen. Dann sollte man sich das Bild bei geschlossenen Augen wieder in den Sinn rufen und möglichst detailgetreu vorstellen.


Das war der Moment, in dem ich bemerkte, dass ich das nicht einmal ansatzweise konnte. Wenn ich meine Augen schließe, ist es einfach schwarz. Auch mit geöffneten Augen kann ich keine Bilder in meiner Vorstellung erzeugen. Ich begann zu googeln und stieß auf einen Artikel über Aphantasie. Die Recherche Ergebnisse waren nicht zufriedenstellend, also suchte ich Kontakt zu Merlin, der in den wenigen Artikeln, die ich fand, oft zitiert wurde. Er hat auch Aphantasie und in unserem ersten Gespräch stellte sich heraus, dass wir die Brücke zwischen Wissenschaft und Betroffenen schlagen können. Im Mai habe ich an EEG Studien in Bonn teilgenommen, davon werde ich auch noch berichten.


Die Idee zur Gründung eines deutschsprachigen Forums kam mir sehr schnell, da es mir ein Anliegen ist, diese Form des „Anders-Sehens“ besser zu verstehen und in den Austausch mit anderen zu gehen. Ich möchte ein Bewusstsein für die Andersartigkeit von Menschen und deren Denken schaffen. Mentale Gesundheit hat mich schon immer interessiert und als Mutter hat dieses Thema nochmals an Bedeutung gewonnen. Für mich persönlich ist es spannend, mich neu kennenzulernen, und diese Reise werde ich hier festhalten.


Ich freue mich darauf, diese Reise mit euch zu teilen und bin gespannt, was wir gemeinsam entdecken werden. Bleibt dran für den nächsten Artikel!

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