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Wie Tarot mir hilft, mit Aphantasie zu fühlen – statt zu sehen

  • Autorenbild: Nadine
    Nadine
  • 28. Sept.
  • 4 Min. Lesezeit
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Ein Erfahrungsbericht über Bilder, Gefühle und Intuition


Ich erinnere mich genau an den Moment, wie ich meine Aphantasie entdeckt habe – durch eine einfache Affirmationskarte. Diese Karte war wie ein fehlendes Puzzleteil in meinem Leben, das plötzlich alles zusammenfügte. Ich konnte noch nie innere Bilder sehen, aber bis dahin wusste ich nicht, dass das überhaupt „anders“ sein kann – oder dass es anderen genauso geht.


Kurz darauf, im Mai 2024, habe ich mir mein erstes Tarot-Deck gekauft. Nicht, weil ich damit die Zukunft vorhersagen wollte – sondern weil mich die Bilder fasziniert haben. Ich wollte wissen, ob diese äußeren Karten mir helfen könnten, mit meinem Inneren in Kontakt zu kommen – mit meinen Gefühlen, meiner Intuition, meinem Bauchgefühl. Und genau das tun sie bis heute.


Tarot statt innerer Bilder

Für viele Menschen funktioniert Tarot über eine Mischung aus inneren Bildern, Fantasie und Symbolsprache. Bei mir ist das anders. Ich sehe nichts vor meinem inneren Auge – null. Aber ich spüre, was eine Karte in mir auslöst. Manchmal ist es ein körperliches Echo: ein Druck im Brustkorb, ein Kribbeln im Bauch. Manchmal ist es ein Gedanke, ein Satz, ein Gefühl, das auftaucht – nie bildlich, aber sehr präsent.


Die Karten sind für mich wie ein Spiegel. Sie werfen Fragen auf, geben Impulse, bringen etwas in mir in Bewegung. Und: Ich erinnere mich oft besser an bestimmte Momente oder Emotionen, wenn ich sie mit einem bestimmten Kartenbild verknüpfe – nicht, weil ich das Bild sehe, sondern weil ich das Gefühl dazu gespeichert habe.


Tarot als Spiegel, nicht als Vorhersage

Ein häufiger Irrtum ist, dass Tarot ein Vorhersagetool sei. Für mich ist es das ganz und gar nicht. Tarot sagt mir nicht, was passieren wird – es zeigt mir, was ist. Es spiegelt meine Situation, meine Gedanken, meine unbewussten Themen.


Diese Perspektive ist besonders hilfreich, wenn man wie ich mit Aphantasie lebt. Denn ich kann mir keine Zukunft „ausmalen“. Ich brauche stattdessen etwas, das mir hilft, im Jetzt zu sein – und genau das bietet mir Tarot.


Ich nutze dabei drei einfache Methoden:


1. 🧠 Das emotionale Echo

Ich achte auf mein erstes Gefühl, wenn ich eine Karte aufdecke. Was löst sie in mir aus? Widerstand? Freude? Unruhe? Ich vertraue dieser ersten Reaktion oft mehr als langen Interpretationen.


2. ✍️ Assoziative Fragen

Ich frage mich: Was würde diese Karte in einer Geschichte darstellen? Welcher Satz passt dazu? Welche Erinnerung, welche Situation kommt mir – auch wenn ich sie nicht sehe, sondern weiß?


3. 🧍‍♀️ Das körperliche Tarot

Was spüre ich im Körper? Ziehen im Bauch? Druck im Hals? Ein Lächeln, das plötzlich kommt? Mein Körper reagiert oft schneller als mein Verstand – und Tarot hilft mir, das wahrzunehmen.


Mein Weg in die Tiefe

Ich wollte mehr verstehen – darüber, wie Tarot wirkt, und warum es gerade für Menschen mit Aphantasie so gut funktionieren kann. Ich habe verschiedene Bücher gelesen (u. a. zu den Archetypen von Carl Gustav Jung) und mehrere Onlinekurse besucht. Besonders inspiriert hat mich Britta Remmel, mit ihren Kursen habe ich mich intensiv mit der Bedeutungen der Karten beschäftigt. Dort habe ich erlebt, wie unterschiedlich man Tarot deuten kann – und wie stark die eigene Wahrnehmung dabei eine Rolle spielt.


Inzwischen sind die Karten ein fester Bestandteil meines Alltags. Sie sind ein Anker, mit dem ich mich besser verstehe – ein Werkzeug, mit dem ich Gedanken und Emotionen sortieren kann. Und das funktioniert gerade mit Aphantasie oft schneller und direkter, weil die Bilder nicht von einer inneren Vorstellung überlagert werden, sondern unmittelbar auf Gefühlsebene wirken ✨.


Ein nächster Schritt: Assoziatives Bildercoaching

Was als kleines Selbstexperiment begann, wurde mit der Zeit zu einem festen Bestandteil meines Lebens. Ich wollte nicht nur verstehen, wie Tarot wirkt, sondern auch, warum es mir so sehr hilft, mich selbst besser zu spüren. Dieses Bedürfnis nach Tiefe und Struktur hat mich dazu gebracht, eine 6-monatige Ausbildung zur Tarot-Coachin zu machen.


Im Lauf dieser Ausbildung habe ich gemerkt: Das Bild ist nur der Anfang. Was mich eigentlich bewegt, ist das, was das Bild in mir in Gang setzt – ein innerer Prozess, der über das Symbol hinausgeht. Es sind keine „Antworten“, die ich suche. Es ist Kontakt: zu mir, zu meinen Gefühlen, zu dem, was sonst oft unter der Oberfläche bleibt.


Deshalb gehe ich im Herbst einen weiteren Schritt und nehme an einem Seminar für assoziatives Bildercoaching teil. Dort geht es nicht mehr um Tarotkarten im klassischen Sinn, sondern um eine freiere Arbeit mit Bildimpulsen – mit abstrakten, neutralen oder fotografischen Bildern, die auf den ersten Blick gar nichts „sagen“, aber auf einer anderen Ebene wirken. Für mich ist das ein logischer nächster Schritt: Kann ich auch dort eine Brücke zum Gefühl finden? Welche Rolle spielt das Bild selbst – und wie viel Raum braucht mein eigenes Erleben?


Gerade für Menschen mit Aphantasie eröffnet sich hier ein spannender Zugang: nicht über die Vorstellung, sondern über die Resonanz. Es geht nicht darum, etwas zu „sehen“, sondern zu spüren, zu erinnern, zu sortieren – mit dem, was da ist. Und manchmal ist weniger Form sogar mehr Tiefe.


Fazit: Das Bild ist die Brücke zum Gefühl

Tarot funktioniert für mich nicht über Visionen – sondern über Verbindung.Verbindung zwischen dem, was ich denke, und dem, was ich fühle.Zwischen Sprache und Körper. Zwischen Symbol und Erfahrung.


Ich glaube nicht, dass man Tarot können muss. Man muss es zulassen.Und gerade für Aphantasten kann das bedeuten, die Karten nicht als mystisches Werkzeug zu sehen, sondern als visuelle Impulsgeber, die helfen, Gefühle zu erkennen, Gedanken zu sortieren und eigene Themen zu reflektieren.


Manche sehen Aphantasie als Hürde. Ich sehe darin meine Stärke. Sie zwingt mich nicht, auf Bilder zu vertrauen – sondern erlaubt mir, meiner Wahrnehmung, meinem Körper und meinem inneren Erleben auf eine ganz eigene Art zu begegnen.❤️


 
 
 

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